Haushaltsrede 2021

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Oberbürgermeister Reitemann, Bürgermeister Schäfer und Dezernent Wagner,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

Noch mehr als in den Vorjahren ist es uns unter den Bedingungen der Pandemie bewusst, welch wichtige Arbeit die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung, der Stadtwerke und der Feuerwehr zum Wohle Balingens leisten. Dies gilt ebenso für die vielen Ehrenamtlichen, die in unserer Stadt unermüdlich dafür Sorge tragen, dass auch unter den Bedingungen der Pandemie Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen nicht alleine gelassen werden sondern Hilfe und Unterstützung erfahren. Gerade in der gegenwärtigen Situation zeigt sich , welch wichtige soziale Funktionen unser Gemeinwesen hat.

Wir geben unsere Stellungnahme zum Haushalt der Stadt und zu den Wirtschaftsplänen der Stadtwerke sowie der Gartenschau wieder gemeinsam ab.

Städtischer Haushalt 2021 - Vorbemerkungen

Neben den schon seit Jahren bekannten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie dem immer spürbareren Klimawandel , dem Brexit und auch dem deutlichen Strukturwandel in unserer Wirtschaft hat sich mit der Corona-Pandemie ein neuer, äußerst bedrohlicher und weitgehend noch unberechenbarer Faktor entwickelt. Wir wissen, dass die Wirtschaftsleistung unserer Volkswirtschaft in 2020 um ca. 5% gesunken ist, dass die Pandemie schwerwiegende gesellschaftliche Verwerfungen verursacht die nicht nur für unseren städtischen Haushalt Konsequenzen haben.

Viele unserer Mitbürger sind in existentiellen Nöten, denken wir nur beispielweise an unsere Einzelhändler, Wirte,Hotelbetreiber, Kunstschaffenden, Alleinlebende, Familien mit Kindern! Vielen von uns fehlt auch das Vereinsleben, vor allem Familien und Menschen mit geringen Einkommen benötigen auch materielle Unterstützung.

Wirtschaftliche Situation der Stadt

Wir verfügen noch nicht über einen Abschluss des Haushaltsjahres 2019 oder eine Bilanz zu unserem Haushalt aber wir kennen zu den unterschiedlichsten Positionen die geplanten Abschreibungsbeträge ohne jede Information darüber wie die einzelnen Vermögenspositionen bewertet werden. Aus kaufmännischer Sicht eine gelinde gesagt ungewöhnliche wenn nicht gar unmögliche Situation. Immerhin stehen im HH-Entwurf 21 über 5 Mio. Abschreibungen. Hier hilft einstweilen nur blindes Vertrauen und die Hoffnung bald ins Bild gesetzt zu werden.

Der Haushalt 2020 unserer Stadt ist nach den Informationen des Kämmerers unter den gegebenen Rahmenbedingungen noch einmal glimpflich davongekommen. „Die Steuerausfälle im Rechnungsjahr 2020 können durch die Hilfen der Landesregierung weitgehend abgefangen werden.“ Wir alle kennen diese Zahlen . Die Schulden wurden planmäßig zurückgeführt, so dass zum Jahresbeginn der Schuldenstand bei knapp unter 20 Mio. lag.

Was die Steuererträge 2021 und in der Folge auch die künftigen Zahlen des kommunalen Finanzausgleichs und alle anderen wirtschaftlichen Folgen betrifft, leben wir, solange die Pandemie grassiert, in einer Phase sehr hoher Unsicherheit, die uns natürlich zur Vorsicht mahnt! Diese Vorsicht darf aber nicht zu einer Schockstarre führen. Im Gegenteil! Die Gartenschau 2023 erfordert einen großen Teil unserer Kapazitäten. Und wir müssen genau hinschauen, um zu erkennen, wo die Stadt im Sinne Ihrer Bürger handeln muss und kann, um die Folgen der Pandemie so gering wie möglich zu halten! <ü>Zunächst nehmen wir zur Kenntnis, dass die im letzten Jahr geplanten Investitionen von ca. 26 Mio. € wahrscheinlich nur zu wenig mehr als 50% realisiert werden konnten. Das erklärt die nicht erfolgte Kreditaufnahme und den relativ hohen Kassenstand des Jahresendes.

Ein erheblicher Teil der im HH-Jahr 2021 geplanten Investitionen werden also nachgeholte Investitionen aus dem Vorjahr sein. Wegen der Nähe des Gartenschaujahres 2023 werden wir bei den geplanten Investitionen sicherheitshalber um eine Priorisierung nicht herumkommen. Dennoch ist davon auszugehen , dass auch in diesem Jahr nicht alle Investitionsvorhaben umgesetzt werden können , obwohl sich im Bereich Tiefbau ja an der Preisfront eine deutliche Entspannung abzeichnet die uns zugute kommt.

Von den geplanten ca. 25 größeren Investitionsvorhaben über 100.000,- € sind etwa die Hälfte im direkten Zusammenhang mit der Gartenschau zu sehen. Die Maßnahmen zur Gebäudeunterhaltung dürfen darunter aber nicht leiden, dort werden die Mittel – hoffentlich nur vorübergehend- ohnehin um eine halbe Million heruntergefahren.

Die für dieses Haushaltsjahr geplanten Mittel zur Straßenunterhaltung sind zwar gegenüber dem Vorjahr um ca. 250.000,-€ erhöht worden, angesichts des Zustandes mancher unserer Straßen und Wege ist das aber auch wirklich dringend notwendig! Wir hoffen sehr , dass diese geplanten Maßnahmen 2021 tatsächlich umgesetzt werden können. Wir haben also viel vor in diesem Jahr und der erste Monat ist schon um, bevor wir den HH verabschieden und die Vergaben vornehmen können.

Stellenplan

Zur Beurteilung der ökonomischen Situation unserer Stadt gehört auch ein Blick auf die Personalsituation. Zunächst einmal können wir Sozialdemokraten erfreut feststellen, dass es bei der Stadt Balingen seit wir uns mit unserem Antrag dazu im Sommer letzten Jahres durchsetzen konnten, keine befristete Arbeitsverhältnisse ohne Sachgrund mehr gibt!

Auch die Anhebung der Besoldung der sog. „Zweitkräfte“ in Kindertageseinrichtungen wird in dieselbe Richtung wirken. Die Suche nach neuen gut qualifizierten Mitarbeitern in den unterschiedlichsten Bereichen wird tendenziell leichter und alle städtischen Mitarbeiter erfahren die ihnen gebührende Wertschätzung.

Ob die kalkulierten Stellenbedarfe zutreffen wird sich zeigen müssen. Bezüglich der Stelle die sowohl für die Koordiation der ehrenamtlich Tätigen für die Gartenschau als auch für die Umsetzung des Digitalpakts Schule zuständig sein soll, haben wir angesichts des Umfangs der Zuständigkeiten und des sehr unterschiedlichen inhaltlichen Anspruchs der beiden Teile der Stellenausschreibung unsere Bedenken schon geäußert. Ähnliche Bedenken haben wir beim Zuschnitt der Stelle für den IT-Verantwortlichen bei unseren Feuerwehren. Letztlich werden eventuell entstehende Engpässe bei der Abteilung IuK auflaufen. Hoffentlich bestehen dort entsprechende Kapazitätsreserven.

Dass das Instrument der Kurzarbeit in der Pandemie auch im öffentlichen Dienst eingesetzt wird ,ist sehr begrüßenswert, die Aufstockung durch die kommunalen Arbeitgeber ist vorbildlich. Nach wie vor ist knapp die Hälfte der städtischen Mitarbeiter zwischen 50 und 65 Jahre alt. In der Entwicklung der Zahlen des Ausbildungsbereichs erkennen wir aber, dass die Verwaltung versucht hier gegenzusteuern.

Stadtwerke

Eigene Stadtwerke in kommunaler Hand- das sind optimale Voraussetzungen für eine sichere und bezahlbare Versorgung unserer Bürgerschaft mit unverzichtbarer Infrastruktur der Daseinsvorsorge wie Energie, Wasser und digitaler Netze. Unsere Stadtwerke sind gut aufgestellt und leisten damit einen wichtigen Beitrag für eine gute Zukunft von Balingen.

Uns ist bewusst, dass der Ausbau in den Bereichen Erneuerbare Energien und Breitband durch die vorgeschriebenen aufwendigen Verfahrensschritte der Planungsverfahren nicht gerade erleichtert wird. Unser Augenmerk muss also auf der ausreichenden personellen und materiellen Ausstattung liegen, eingebettet in einer zufriedenstellenden wirtschaftlichen Gesamtsituation. Wir tragen daher mit voller Überzeugung den Ausbau im Personalbereich mit.

Es ist für uns von zentraler Bedeutung, dass die Stadtwerke Balingen und die Zollernalbdata kompetente und gut erreichbare Ansprechpartner für die Menschen und die Unternehmen in Balingen sind. Da braucht es zukunftssichere Konzeptionen, deshalb sind Investitionen unerlässlich, wie für 2021 geplant in Höhe von ca. 9,5 Mio €.

Herr Eppler, wir wissen unsere Stadtwerke und die Zollernalbdata in guten Händen. Unser Dank gilt Ihnen und allen Mitarbeitern.

Soziale Situation in Zeiten der Pandemie

In Zeiten der Pandemie ist es sehr wichtig, wahrzunehmen in welcher Weise unsere Mitbürger betroffen sind und zu sehen welche Hilfen die Stadt anbieten kann und muss!

Unsere Bildungseinrichtungen für Kinder , Jugendliche und Erwachsene leiden in besonderem Maße unter den pandemiebedingten Einschränkungen. In den Schulen werden die Versäumnisse der Vergangenheit besonders im Bereich Digitaslisierung deutlich sichtbar. Die ohnehin schon vorhandene Schwäche unseres Bildungssystems, nämlich die Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der wirtschaftlichen Situation und dem Bildungsabschluss der Eltern wird nochmals verstärkt. Mit Hilfe des Digitalpaktes Schule sind wir mittlerweile in einer Art Aufholjagd bezüglich der digitalen Infrastruktur und der Ausstattung mit Endgeräten wie Tablets und Laptops. Wir sehen unsere Verpflichtung in der tatkräftigen Unterstützung jeder einzelnen Schule für die wir als Schulträger verantwortlich sind!

Spätestens im nächsten Schuljahr sollten alle unsere Schulen bezüglich ihrer digitalen Ausstattung auf der Höhe der Zeit sein. Dies betrifft auch Hilfestellungen bei Problemen und Konfikten durch Experten aus der Stadtverwaltung oder den Stadtwerken. Die Stadt bemüht sich auch, aktuell auftretende Probleme bei der Kinderbetreuung, der Notfallbetreuung, oder etwa beim Ersatz für die wegen geschlossener Mensen wegfallenden Essen für bedürftige Schüler zu erfassen und zu helfen. Wir nehmen das erfreut zur Kenntnis!

Vergangenes Jahr haben uns im Bereich Kindertagesstätten vor allem die Themen Öffnungszeiten, Zustand der Einrichtungen, Unterscheidung Erst- und Zweitkraft, Anmeldung und Platzvergabe und der Wunsch nach einem Gesamtelternbeirat beschäftigt. Auch wenn diese Themen durch die Coronapandemie scheinbar in den Hintergrund gerückt sind, bleiben sie für uns als SPD-Fraktion doch wichtige Anliegen und Themen unserer Arbeit.

Gerade jetzt sind zuverlässige und finanzierbare Betreuungsmodelle elementar wichtig für die Familien- egal ob im Regelbetrieb oder in der Notbetreuung. Vieles was bisher durch familiäre Strukturen aufgefangen wurde kann derzeit so nicht funktionieren da z.B. Großeltern Ü60 oft zur besonders gefährdeten Gruppe gehören und deshalb auf sie nicht im üblichen Maße zurückgegriffen werden kann.

Zum Thema Tagespflege: wir subventionieren als Stadt seit Beginn die Betreuung mit 1€/Kind/Std.Wäre es nicht langsam an der Zeit, den Betrag zu erhöhen? Mit einer Übersicht wie viele Kinder dies in Balingen betrifft und um welche Summe es sich handelt, sollte nach unserer Meinung noch in diesem Jahr mind. im VA diskutiert werden. Bei der neuen Form der Online -Anmeldung gibt es teilweise sehr positive Rückmeldungen. Allerdings sollte endlich gewährleistet sein, dass die Kita möglichst fußläufig erreicht werden kann.(Ökologie, künftiger GS-Ort, mangelnde Mobilität d. Eltern) Ebenso verlässliche und möglichst einheitliche Öffnungszeiten, die sich vorrangig an den Bedürfnissen der Eltern orientieren!

Auch die pandemiebedingt erschwerten Bedingungen der Inklusion müssen , wo immer die Stadt betroffenen Familien helfen kann, aufgefangen werden. (Notfalltelefon?)

Die städtischen Angebote in der Erwachsenenbildung und im Kulturbereich sind für uns bedeutsam. Jugendmusikschule, Volkshochschule, Balinger Künstler:innen und die vielen ehrenamtlich Engagierten in unseren zahlreichen Vereinen- sie alle haben harte Zeiten hinter und wohl auch noch vor sich.

Herr Oberbürgermeister, hier sind die Mitglieder der SPD-Fraktion willens und bereit, auch weiterhin jede zielführende und vertretbare Maßnahme zur Unterstützung mitzugehen! Generell stehen Familien mit Kindern derzeit unter enormem Stress. Neben Home-schooling, geschlossenen Betreuungseinrichtungen und evtl. Homeworking ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ein zusätzlicher Stressfaktor der hier Wirkung zeigt. Die SPD-Fraktion hat zu diesem Thema in den vergangenen Jahren immer wieder konkrete Vorschläge gemacht, die auch in Teilen umgesetzt werden konnten. Dennoch: Wir haben in Balingen nach wie vor

  • zu wenige preiswerte Mietwohnungen
  • trotz Niedrigzins können sich viele junge Familien und weniger zahlungskräftige Bevölkerungsschichten wegen steigender Preise kein Wohneigentum leisten.

Die bisher erreichten Ergebnisse, wie Mietpreisbindung von nur 5 Jahren für von der Stadt begünstigten privaten Wohnungsbau, reichen bei Weitem nicht aus. Hoffnung für eine spürbare Verbesserung gibt uns gegenwärtig, dass auf dem Gelände der ehemaligen Balimöbel ein größerer Wohnkomplex geplant ist, bei dem u. a. auch zahlreiche Wohnungen entstehen sollen, die pro qm ca. € 3000,- kosten.

Wir machen im Zusammenhang mit der sozialen Rolle der Stadt auch darauf aufmerksam, dass sich im Bereich kommunaler Unterbringung die Verhältnisse vor Ort nicht verbessert haben. Hier sehen wir nach wie vor den dringenden Bedarf für eine aufsuchende Sozialarbeit (und nicht nur Sozialberatung), um ehemals obdachlose Menschen dabei zu unterstützen, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Es ist mitnichten so, dass in der Balinger Straße in Frommern nur Drogen- und Alkoholabhängigem wohnen. Auch diese Menschen haben das Recht auf Menschenwürde.

Stadt , Ökologie und Gartenschau

Wir erleben derzeit den Umbau wesentlicher Teile unseres Stadtraumes entlang von Eyach und Steinach für die Gartenschau. Ergebnis dieses Umbaus wird, wenn die Vorstellungen der Planer realisiert sind, eine Stadt mit deutlich aufgewerteten und vernetzten Quartieren und Aufenthaltsräumen im Freien sein. Wir freuen uns darauf, und wir tragen den Wirtschaftsplan Gartenschau mit, auch wenn uns „versteckte“ erhebliche Preissteigerungen wie im Fall der Brücke bei der Bizerba Arena ärgern.

Sorge macht uns noch der Viehmarktplatz. Werden doch alle Besucher der Gartenschau von der Eyach kommend durch die Heinzlenstraße über den Viehmarktplatz Richtung Wasserfall, Rappenturm, Schwefelgärten geleitet. Sie müssen dabei die stark befahrene Innenstadtzufahrt überqueren. Wir sind der Meinung, dass die Querung dieser Straße gefahrlos sein muss und erwarten deshalb von den Planern eine `fußgängergerechte` Lösung.

Im Zusammenhang mit den Maßnahmen für die Gartenschau stellt sich für uns auch die Frage nach der Ökobilanz dieser aber auch aller anderen städtischen Aktivitäten. Auch wir als Kommune sind angehalten und verpflichtet unseren aktiven Beitrag zur Verminderung oder Vermeidung des CO2 -Ausstosses zu leisten.

Nach der Entnahme vieler Altgehölze entlang der Eyach und deren Ersatz durch junge Pflanzen, wird es erst einmal Jahre dauern bis wir von einer diesbezüglich positiven Wirkung werden reden können. Die Neubauten des Jugendhauses und des Stadtarchivs allerdings werden da sofort positiv zu Buche schlagen, denn hier können wir erheblich Energie einsparen sowie durch nachhaltige Dämmmaterialien unsere Ökobilanz verbessern. Erhebliche Fortschritte konnten wir in den vergangenen Jahren immer auch dann erzielen, wenn wir unsere Bestandsimmobilien energetisch auf den neuesten Stand der Technik gebracht haben. Der Energiebericht 2015 hat dies letztmalig aufgezeigt.

Schon in unserer letztjährigen Stellungnahme zum HH haben wir eine Fortschreibung des Energieberichts angemahnt, als Instrument und Nachweis des Nutzens den energetische Sanierung von städtischen Immobilien erbringt. Wir freuen uns, dass nach Informationen der Verwaltung noch in diesem Sommer mit dem Energiebericht 2021 zu rechnen ist. Ob die Neuorganisation des städtischen ÖPNV als Angebot mit neuen Linien und Rufbussystem in diesem Zusammenhang eine positive Wirkung entfalten kann, muss allerdings noch abgewartet werden.

Die SPD-Fraktion stimmt dem vorgelegten Haushaltsentwurf für das Jahr 2021 zu!

Ulrich Teufel, Fraktionsvorsitzender