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SPD kritisiert Vorgehensweise und fordert weitere Informationen Standortentscheidung muss erklärt werden

Bei der Informationsveranstaltung zum geplanten KSK-Absetzgelände bei Geislingen wurde klar, dass sehr viele Umstände schlicht unklar sind. Viele Fragen, Sorgen und Ängste blieben mit Verweis auf das sehr frühe Planungsstadium unbeantwortet. Das Podium hat mehrfach deutlich gemacht: Das Absetzgelände auf der Staatsdomäne Waldhof wird kommen - eine Standortdiskussion werde nicht mehr geführt.
„Das ist völlig unverständlich: Der einzig klare und beendete Prozess wird der Bevölkerung hier im Zollernalbkreis nicht erklärt, sondern nur präsentiert.“, stellt der SPD-Fraktionsvorsitzende im Balinger Gemeinderat Ulrich Teufel fest. „Die Entscheidung wird allen als gottgegeben vor die Füße geworfen.“, erklärt der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Joke Herth und ergänzt: „Das ist schlechter Stil und zeugt von einer gewissen Arroganz. So geht man nicht mit den Menschen um.“

Im Jahr 2009 macht sich das Land auf zur Standortsuche, denn das bisher genutzte Absetzgelände in Renningen-Malmsheim fällt auf längere Sicht weg. Seit 2010 gibt es einen Vertrag zwischen Bund, Land und der Firma Bosch, in dem dem Unternehmen die Fläche zugesichert wird und in dem sich das Land verpflichtet, ein geeignetes Ersatzgelände für die Bundeswehr in Baden-Württemberg zu finden. Die Firma Bosch will ein Forschungszentrum auf dem aktuellen Gelände bauen. Die Rede ist von 5000 Arbeitsplätzen, die geschaffen werden könnten.

Laut Aussage des Staatsministeriums wurde für den Suchlauf eine Arbeitsgruppe gebildet, die anfangs mehr als 100 Standorte bewertet und Kriterien berücksichtigt und gewichtet hat. Davon sind dann zunächst 41 Flächen näher betrachtet worden. In einer weiteren Runde wurden dann insgesamt 47 Flächen untersucht und bezüglich der militärischen Anforderungen und der Umweltauswirkungen bewertet und priorisiert. Hierbei ist das Gelände des Segelflugplatzes Haiterbach-Nagold als das präferierte Gelände hervorgegangen. In der Folge wurden auch acht weitere alternative Standorte einer parallelen Prüfung unterzogen. Das nun geplante Gelände im Zollernalbkreis wurde in diesem Lauf nicht bewertet und die Ergebnisse dieser Alternativenprüfung sind nicht verfügbar. Der Waldhof hat zwar bei der Reihenfolge der Bewertung der möglichen Umweltauswirkungen den ersten Platz belegt, ist aber immer ausgeschieden bei der Bewertung der Entfernung und wohl auch bei der Prüfung der militärischen Anforderungen. Es darf bezweifelt werden, ob die Stadt Geislingen von den Planungen im Staatministerium und im Verteidigungsministerium wusste.
Ulrich Teufel fasst zusammen: „Der nun gewählte Standort war wohl nie ernsthaft in der engeren Auswahl. Jetzt müssen die Kriterien für die Entscheidung transparent öffentlich gemacht werden.“

Klar ist, dass Baden-Württemberg stolz darauf sein kann, dass am Standort Calw das Kommando Spezialkräfte stationiert ist. Das ist Aufgabe und Auftrag zugleich für alle Bürgerinnen und Bürger, hier zu unterstützen. Niemand stellt in Frage, dass unsere Bundeswehr wichtig ist, wichtig bliebt und wichtig sein wird. Die Menschen im Zollernalbkreis unterstützen ausdrücklich die (neu) erwachsene Bedeutung und wollen auch ihren Teil dazu beitragen. Sie wissen, dass Neues gut ist, dass Veränderung und Weiterentwicklung gut sind – sie wissen aber auch, dass der Wille dazu nicht verordnet werden kann. Hierzu braucht es Zeit und gute Erklärungen.
„Es kann doch nicht sein, dass wohl keine Entscheidungsmatrix existiert, die schlüssig, nachvollziehbar und entlang objektiver gewichteter Kriterien den Waldhof als ‚Gewinner‘ hervorbringt“, erklärt Joke Herth. „Es gibt viele weitere Einwände gegen das Projekt, die bisher weder untersucht noch bewertet wurden: Die Zerstörung von landwirtschaftlich genutzten Flächen, die Verlegung von Kreisstraßen, die historische Vergangenheit des Geländes, die Ängste der unmittelbar angrenzenden Hühnerhöfe und die Sorgen wegen zu erwartender zusätzlicher Lärmkulisse. Das muss Eingang in eine objektive Bewertung finden.“

Ein Beteiligungsprozess soll jetzt die Bürgerschaft mitnehmen: Ängste werden besprochen, Zweifel ausgeräumt und Sorgen „abwägt“. Am Vorhaben ändert sich nichts. Wer aber ernsthaft Interessen abwägen will und wer die Sorgen und Bedürfnisse der Bevölkerung ernst nimmt, muss sich dies anhören und auch weiter in die Überlegungen einbeziehen. Es wurde viel Zeit, Energie und Geld darauf verwendet, die Bevölkerung am vorherig gewählten Standort in Haiterbach-Nagold zu beteiligen und mitzunehmen – ohne Erfolg. Genau diesen Prozess haben jetzt auch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger im Zollernalbkreis verdient – nämlich, dass man sie ernst nimmt. Nach der ersten Informationsveranstaltung ist vielen bitter aufgestoßen, dass die angekündigte Bürgerbeteiligung ein Gesprächsformat bietet, aber nichts an der Entscheidung oder an der Bewertung dieser verspricht. Es gilt: Sorgen, Ängste und Befürchtungen lassen sich nicht per ordre Mufti beseitigen, sondern müssen ernsthaft diskutiert und berücksichtigt werden.

„Ich fordere das Verteidigungsministerium als Vorhabenträger und das Staatministerium auf, möglichst schnell transparent und umfassend zu informieren. Die Akteure haben eine Bringschuld gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in Geislingen, Rosenfeld und dem Zollernalbkreis insgesamt.“, fordert der Vorsitzende des SPD-Ortvereins Joke Herth.