Leni Breymaier besucht den Zollernalbkreis „Ich habe Lust auf diese Aufgabe“

Es war eine Gradwanderung, die ihr am Ende gelang: Trotz der aktuellen Personaldiskussionen innerhalb der Landes-SPD hinterließ die designierte SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier bei ihrem Besuch in Balingen einen guten Eindruck bei den Genossinnen und Genossen und konnte von sich, als auch ihren politischen Vorstellungen, letztlich überzeugen. Mit Interesse verfolgten die rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Ausführungen Breymaiers, die wie gewohnt klare Kante gab und Klartext sprach. Die Politik der SPD müsse sich künftig wieder stärker an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientieren und für mehr soziale Gerechtigkeit einstehen. Diesen Herausforderungen wolle sie sich stellen – an der Spitze der Landes-SPD. Die Unterstützung der Genossinnen und Genossen aus den Zollernalbkreis habe sie, so die Botschaft des SPD-Kreisvorsitzende Alexander Maute, der sich auf eine gute und enge Zusammenarbeit mit ihr freue. „Sie ist die richtige Kandidatin zur richtigen Zeit“, so der SPD-Politiker.

Wie nicht anders zu erwarten, spielte die aktuell geführte Personaldebatte rund um Luisa Boos, der Wunschkandidatin Breymaiers für den Posten der künftigen SPD-Generalsekretärin, eine Rolle. Die SPD-Politikerin gab sich jedoch gelassen. Sie verstehe nicht, wie diese Diskussion so hohe Wellen schlagen könne. Letztlich, so Breymaier, nehme sie nur ihr Vorschlagsrecht in Anspruch und wünsche sich eine Vertrauensperson an ihrer Seite, „die über die nötige Kompetenz verfügt und mit der ich gut zusammenarbeiten kann“. Obwohl es auch kritische Stimmen dazu gab – etwas durch den ehemaligen Landtagsabgeordneten Hans-Martin Haller, der Breymaier eindringlich bat, diese Personalentscheidung zu überdenken, schienen die Genossen ihrer künftigen Landesvorsitzenden in dieser Frage zu folgen. Viel wichtiger schienen den meisten ohnehin die inhaltlichen Ausführungen Breymaiers zur künftigen Ausrichtung der SPD-Baden-Württemberg. Die SPD-Politikerin versprach glaubwürdig, den parteiinternen Erneuerungsprozess, der nach der desaströsen Landtagswahl vom 13. März eingeschlagen wurde, fortzuführen. „Ich habe Lust auf diese Aufgabe“, versicherte Breymaier ihre diesbezüglichen Ambitionen.

Die inhaltliche, strukturelle und personelle Neuausrichtung der Landes-SPD trage die Handschrift der Partei-Basis und werde zudem den Erwartungen der Bürger gerecht. „Wir werden unserer Politik den Stempel der sozialen Gerechtigkeit stärker als bisher aufdrücken“, gab sich Breymaier überzeugt. Dazu müsse sich die SPD nicht gänzlich neu erfinden. Die zurückliegenden fünf Jahre der Regierungsverantwortung seien gute Jahre für das Land gewesen – die SPD habe eine erfolgreiche Politik gemacht, die letztlich vom Bürger nicht wahrgenommen wurde. Fragen zur Rentenpolitik, der Steuerpolitik und der Gesundheitspolitik wurden ebenso wie Anregungen zum Thema sozialer Wohnungsbau oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausgiebig diskutiert. Zu diesen und anderen Politikfeldern werde die SPD-Baden-Württemberg in Kürze ihre Vorschläge unterbreiten können; auf dem Landesparteitag am 22. Oktober in Heilbronn etwa, werde es ein entsprechendes Arbeitspapier des SPD-Landesvorstands geben und eine Reihe von Anträgen, die eingebracht würden. Und dann setze die SPD-Politikerin auf die Erfahrung der Genossen vor Ort: „Wir ahnen ja gar nicht, über wieviel Wissen viele von uns in der Partei verfügen“, so Breymaier. Sie wünsche sich künftig, genau diese Fähigkeiten und Kompetenzen abrufen und bündeln zu können - um daraus praktische Politik zu gestalten.

Auch CETA war ein Thema an diesem Abend. Breymaier, eine überzeugte Gegnerin des geplanten EU-Kanada, akzeptiere letztlich die Beschlüsse der Bundes-SPD, die vor wenigen Tagen auf dem SPD-Konvent mehrheitlich festgelegt wurden. Damit sei der Weg frei, um im parlamentarischen Verfahren weitere Verbesserungen für die Bürger durchzusetzen. Das eigentlich schon vor drei Jahren fertig ausgehandelte Freihandelsabkommen sei auf Betreiben der SPD und der neuen kanadischen Regierung in der Folge erheblich verbessert worden. So werde es keine privaten Schiedsgerichte geben, sondern einen internationalen Handelsgerichtshof mit öffentlich bestellten Richtern. Zusätzlich würden Standards bei Arbeitnehmer- und Verbraucherrechten sowie beim Umweltschutz angehoben. Und wichtige Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, etwa die kommunale Wasserversorgung, geschützt. „Das kann ich mittragen“, so die SPD-Politikerin.

Zu Ende sollte es versöhnlich werden: „So bunt wie dieser Blumenstrauß, so vielfältig ist unsere Partei. Eine Blume alleine, wirkt weniger. Man braucht viele, so unterschiedlich sie auch sein mögen. Und so schnell wie dieser Strauß verwelken wird, so schnell vergehen Kummer und Sorgen“, lautete der abschließende, freundschaftlich gemeinte Ratschlag des SPD-Kreisvorsitzenden Alexander Maute beim Überreichen eines Blumenpräsents an Leni Breymaier– in Anspielung auf die internen Personalstreitigkeiten in der eigenen Landes-Partei. Die SPD im Zollernalbkreis werde sich nicht daran beteiligen, stattdessen nach Kräften den Erneuerungsprozess der Landes-SPD unterstützen und Leni Breymaier auf ihrem Weg begleiten.